2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Und es war weltweit 1,6 °C wärmer als im Schnitt der Jahre 1850 bis 1900, also der Zeit vor der Industrialisierung. Diese hohen Temperaturen haben in Kombination mit sehr viel Feuchtigkeit weitreichende Folgen. Überall werden Hitzerekorde gebrochen und es regnet – wenn überhaupt – an immer weniger Tagen immer stärker. Das wiederum wirkt sich enorm auf die unterschiedlichsten Bereiche unseres Lebens aus: das Klima in den Städten, unsere Gesundheit, die Tier- und Pflanzenwelt und nicht zuletzt unsere Ernährungssicherheit. Bei der Landwirtschaft kommt hinzu, dass immer weniger Fläche zur Verfügung steht, beispielsweise wegen Neubaugebieten, Straßen und vielem mehr.
Bäume und Landwirtschaft kombiniert
Um auf diese Veränderungen bestmöglich reagieren zu können, wird an verschiedenen Projekten geforscht. Eines davon ist die sogenannte Agroforstwirtschaft, kurz auch als „Agroforst“ bezeichnet. Wie sich leicht vermuten lässt, handelt es sich dabei um eine Kombination aus Land- und Forstwirtschaft. Gehölze werden „in Kombination mit landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Kulturen und / oder mit der Haltung von Nutztieren angebaut“, wie der Deutsche Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF) e. V. auf seiner Website schreibt. Die Vorteile sind dabei vielfältig. Sie reichen von einer verringerten Bodenerosion über Wasserrückhalt und eine höhere Biodiversität bis zu gesteigerten Erträgen. Denn auf den Flächen gibt es mehrere sogenannte produktive Pflanzen-Stockwerke. Bei einem Forschungsprogramm der Europäischen Union kamen die Forschenden zu einem beeindruckenden Ergebnis. Auf einer Fläche von einem Hektar, auf der Pappeln und Weizen als Agroforstsystem wachsen, konnte ein Ertrag erzielt werden, der 30 Prozent höher liegt als beim getrennten Anbau. Dort wären 1,3 Hektar nötig gewesen.
Zahlreiche Vorteile für Mensch und Natur
Die Kombination der verschiedenen Pflanzen muss dabei genau geplant werden. Es gilt, die Bedürfnisse jeder einzelnen zu berücksichtigen – sei es hinsichtlich der Feuchtigkeit, der Sonneneinstrahlung oder vielem anderem mehr. Als Baumkultur kommen dabei Arten mit unterschiedlichen sogenannten Umtriebszeiten – der Zeit zwischen dem Pflanzen und der Endnutzung – in Frage. Dazu gehören Apfel, Pappel, Walnuss und Wildkirsche, und Sträucher wie Holunder. Hühner beispielsweise fühlen sich in deren Schatten sehr wohl, denn die Gehölze bieten ihnen Rückzugsmöglichkeiten und schützen sie vor Greifvögeln. Sie nutzen dadurch das gesamte, ihnen zur Verfügung stehende Freigelände. Außerdem finden sie im Unterholz zusätzliche Nahrung, wie Fallobst und Insekten.
Förderung seit 2023 möglich
Die Wurzeln der Bäume erreichen dabei meist tiefere Bodenschichten als die der dazwischen wachsenden Pflanzen. So wird das vorhandene Wasser besser genutzt und es gibt keine Konkurrenz. Außerdem verdunsten die Bäume über ihre Blätter Wasser und kühlen damit die Umgebung. Neben den positiven Auswirkungen auf die Umwelt bringt Agroforst auch Vorteile für die Landwirte und Landwirtinnen mit sich. Sie diversifizieren dadurch ihre Produktion, erweitern ihr Produktsortiment und erreichen so mehr Sicherheit und einen wirtschaftlicheren Betrieb. Es wäre also wünschenswert, wenn hier schnell Fortschritte gemacht würden und wir auch hier die Folgen des Klimawandels eindämmen könnten. Das hat nun auch die Politik erkannt und vor zwei Jahren die Agroforstwirtschaft im Agrarfördersystem der Bundesrepublik verankert. Im Sommer 2024 begann die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe damit, das Demonstrationsnetzwerk Agroforst aufzubauen. Auch daran lässt sich die Relevanz des Themas erkennen. Und unsere Augen würden sich beim Spaziergang über die dann vielfältigere Landschaft sicherlich ebenfalls freuen.
Weiterführende Informationen zum Thema Agroforstwirtschaft
- ausführliche Informationen und Videos zur Agroforstwirtschaft auf www.landwirtschaft.de, einer Website der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)
- Agroforst Gladbacherhof, Lehr- und Versuchsbetrieb der Justus-Liebig-Universität Gießen
- Informationen zu Fördergeldern für Agroforst auf www.oekolandbau.de